Hörbehinderung nimmt weltweit zu. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind über 360 Millionen Menschen – mehr als fünf Prozent der Weltbevölkerung – von Hörverlust betroffen (unter ihnen 32 Millionen Kinder). Diese Zahlen nehmen weiter zu. Die Kosten, wenn Hörverlust nicht addressiert wird und behandelt werden kann, wurden kürzlich auf 750 Mrd. USD pro Jahr geschätzt.
Die Weltgesundheitsorganisation (am 7. April 1948 gegründet) zählt heute 194 Mitgliedsstaaten und ist die Koordinationsbehörde der Vereinten Nationen für das internationale öffentliche Gesundheitswesen.
Die Weltgesundheitsversammlung (WHA), das höchste Entscheidungsgremium der Weltgesundheitsorganisation, hat am 4. Mai 2017 eine Resolution zum politischen Maßnahmenplan für Hörgesundheit verabschiedet. In der Resolution wurde bestätigt, dass Hörverlust ein schwerwiegendes Problem der öffentlichen Gesundheit ist.
Die Regierungen aller Länder werden aufgefordert, diesem Problem eine höhere Priorität einzuräumen und einen nationalen Aktionsplan zu seiner Bewältigung zu entwickeln. Auch die deutsche Bundesregierung ist gefordert, aktiv zu werden.
Schritte zum Kampf gegen die Auswirkungen von Taubheit
In der Resolution sind einige Schritte zum Kampf gegen die Auswirkungen von Taubheit und Hörverlust dargelegt, darunter:
- Stärkung des Bewusstseins für die große Verbreitung von Hörverlust sowie für seine sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen unter den Entscheidern und in der Gesellschaft
- Besserer Zugang zu bezahlbaren, qualitativ hochwertigen Hörlösungen, darunter auch Hörgeräten und Cochlea-Implantaten, als Teil der universellen Gesundheitsversorgung
- Erweiterung der Untersuchungsprogramme zur Früherkennung und Diagnostizierung von Ohrerkrankungen und Hörverlust, wobei der Schwerpunkt Säuglingen, Kleinkindern und älteren Erwachsenen gilt
- Stärkung des Bewusstseins für die Gefahren von Hörverlust durch Lärm sowie Umsetzung von Maßnahmen zur Bekämpfung von Lärmexposition am Arbeitsplatz, in der Umwelt und in der Freizeit
- Bessere Erfassung von Informationen zu Ohrerkrankungen und Hörverlust, damit die politischen Entscheidungsträger über eine bessere Grundlage für die Erarbeitung evidenzbasierter Strategien verfügen
Viele Ursachen von Hörverlust können durch öffentliche Gesundheitsmaßnahmen vermieden werden. Schätzungen gehen davon aus, dass 60 Prozent aller Fälle von Hörverlust bei Kindern vermeidbar sind.
Kritik vom Weltverband der Gehörlosen
In der Resolution spielt die Gebärdensprache keine Rolle. Der Weltverband der Gehörlosen (WFD) reagiert daher am 7. Juni 2017 mit einer Stellungnahme kritisch auf diese Resolution und fordert die Weltgesundheitsorganisation auf, an der Förderung der sprachlichen und kulturellen Identität und der gebärdensprachlichen Bildung tauber Menschen als Gesundheitsmassnahme mitzuarbeiten.
Das WFD-Vorstandsmitglied Kasper Bergmann aus Dänemark wird in diesem Monat an einer Stakeholder-Versammlung für das Programm der Weltgesundheitsorganisation zur Prävention von Taubheit und Hörverlust teilnehmen.