Am Sonntag, 23.09.2018 fand zum ersten Mal der von der UN im Dezember 2017 ernannte “Internationale Tag der Gebärdensprachen” statt. Begleitet wurde er von der
seit 1958 jährlich veranstalteten “Internationalen Woche der Gehörlosen”.
Der richtige Moment, um die Politiker von Bund und Länder an die Umsetzung der in den UN-Behindertenrechtskonvention festgeschriebenen Rechte zu erinnern, fand Magdalena Stenzel, die Mutter eines gehörlosen Kindes: “Aktuell besteht sowohl in Gehörloseneinrichtungen, als auch in Regeleinrichtungen ein dramatischer Mangel an barrierefreien Bildungsangeboten für Kinder mit Hörbehinderung.”
Über 12.000 Unterschriften und prominente Unterstützung hat die Sprecherin des Netzwerkes BilingualERleben mit der Petition “GEBÄRDENSPRACHE UMSETZEN! BILINGUAL – BIMODAL – ENDLICH NORMAL!*” bereits hinter sich versammelt, um auf die Benachteiligung gehörloser Kinder bei Bildungsangeboten aufmerksam zu machen. Unterstützt wird die Kampagne u.a. durch die Stadt Dresden, zahlreiche Politikerinnen und Politiker aus Bundes- und Landtagen, die sächsische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, sowie vom Deutschen Gehörlosen-Bund e.V.
Hürden abbauen und Beratungsstellen einrichten!
Die Kritik der Initiatorin: Unklare Verwaltungswege und der Mangel an Fachkräften führen dazu, dass Gehörlose von Chancengleichheit und Teilhabe im Bildungswesen ausgeschlossen werden. Es fehle zudem eine unabhängige Beratungsstelle. Bislang klagen bundesweit Eltern vielfach dringend benötigte Elternkurse und Assistenzzeiten für KiTa- oder den Schulalltag ein.
Betroffen sind ca. 80.000 Gehörlose in Deutschland. Von 1.000 Kindern wird eins gehörlos geboren, einige werden im Verlauf ihres Lebens gehörlos. Hinzu kommen etwa 140.000 Schwerhörige, die laut dem Deutschen Schwerhörigenbund auf einen Gebärdensprachdolmetscher angewiesen sind.
Expertinnen weisen darauf hin, dass die Erwartungen an Hörprothesen wie dem Cochlea Implantat, zu hoch seien. “Wenn der Erwerb der gesprochenen Sprache nicht ausreichend gelingt, laufen diese Kinder Gefahr in ihrer gesamten kognitiven Entwicklung verzögert zu sein oder sogar bleibende Defizite auszubilden. Eine Rehabilitation, die die Gebärdensprache frühzeitig einbezieht, kann eine derartige negative Entwicklung verhindern”, so Entwicklungspsychologin Prof. Dr. Gisela Szagun.
Ein Recht laut UN-Behindertenrechtskonvention
Auch die deutsche Sprachwissenschaftlerin Dr. Helen Leuninger schließt sich der Kritik der Petentin an und verweist auf bereits geltendes Recht: “Es muss doch selbstverständlich sein, dass tauben Kindern und Schülern ihre Sprache als Unterrichtsfach angeboten wird. Mit der aus der UN-Behindertenrechtskonvention sich ergebenden Gleichstellung folgt dies zwingend.”
Anlässlich der Petition haben sich Eltern aus dreizehn Bundesländern vernetzt: “Wir werden die Petition im jeweiligen Land einreichen und uns einbringen”, so Initiatorin Magdalena Stenzel.