Ab 2019 können alle Debatten und öffentlichen Ausschusssitzungen des Deutschen Bundestags live in Gebärdensprache gedolmetscht und mit Untertitel im Internet übertragen werden. Bislang werden nur rund zehn Prozent dieser Sitzungen direkt für Gehörlose übersetzt.
Der Vorsitzende des Bundestagssozialausschusses, Matthias Bartke, hatte sich daher für die vollständige Barrierefreiheit für Gehörlose eingesetzt. Er ist seit 2013 Wahlkreisabgeordneter für Altona und die Elbvororte im Deutschen Bundestag. Am 8. November 2018 hat der Haushaltsausschuss des Bundestags die Erhöhung der nötigen Mittel bewilligt.
„Gehörlose und Schwerhörige haben das gleiche Recht auf volle politische Teilhabe wie alle anderen Bürgerinnen und Bürger. Ich habe es daher immer als Diskriminierung von Gehörlosen empfunden, dass sie nur zehn Prozent aller Bundestagsdebatten direkt verstehen können. Wer gehörlos ist, interessiert sich deswegen doch nicht nur für behindertenpolitische Fragen!“, so Matthias Bartke: „Wir wollen die digitale Barrierefreiheit ausbauen. Dann muss der Deutsche Bundestag auch selbst ein Vorbild sein.“
Seit Februar 2018 werden die Kernzeiten der Plenardebatten (donnerstags von 09 bis 13 Uhr) des Deutschen Bundestags durch direkte Gebärdendolmetschung und Untertitelung begleitet. Die Abrufe des barrierefreien Livestreams haben sich durch die Erweiterung teils verzehnfacht.
Im Juli 2018 wurde vereinbart, dass behindertenpolitische Themen auch außerhalb der Kernzeit live gebärdet und untertitelt werden sollen. Pro Kalenderjahr werden somit bisher rund 100 Stunden aus Plenum und Ausschüssen live gebärdet und untertitelt. Laut Berechnung der Bundestagsverwaltung entsteht bei einer vollständigen Live-Dolmetschung und -Untertitelung aller Plenumsdebatten, öffentlichen Ausschusssitzungen und Sonderveranstaltungen des Deutschen Bundestags ein Auftragsvolumen von über 1.000 Stunden pro Kalenderjahr.
80.000 Bürgerinnen und Bürger in Deutschland sind gehörlos. 140.000 weitere sind so schwerhörig, dass sie auf Gebärden-Dolmetschung angewiesen sind. Politischen Debatten können hunderttausende Menschen nur dann folgen, wenn sie das Gesagte durch Gebärdensprache oder Untertitelung visuell vermittelt bekommen. Für ein veranschlagtes Produktionsvolumen entstünden auf Basis des aktuellen Dienstleister-Vertrags Kosten von rund 1,5 Millionen Euro in einem Jahr ohne Bundestagswahl, um Hunderttausende an den politischen Debatten des Bundestags teilhaben zu lassen.