Die Worte des Gesprächspartners kommen nicht mehr richtig an und bei einer Unterhaltung stehen Schwerhörige buchstäblich daneben, ohne am Gespräch teilnehmen zu können. Wenn Schwerhörigkeit schon so weit fortgeschritten ist, dass der Alltag stark eingeschränkt wird, dann ist es höchste Zeit für ein Hörgerät. Es gibt einige Anzeichen, die weit vorher auf eine Schwerhörigkeit hinweisen. Welche das sind und wann Hörgeräte sinnvoll sind, ist Thema des Beitrags.
Anzeichen einer Hörminderung
Viele wollen es nicht wahrhaben, wenn sich eine Hörverschlechterung einschleicht. Sie ignorieren die ersten Anzeichen und realisieren nicht, dass die Hörfähigkeit nachlässt. Das überrascht nicht, denn oft geschieht das sehr langsam. Die verminderte Hörfähigkeit fällt allerdings denjenigen auf, die im direkten Kontakt stehen. Freunde und Familie bemerken die Verschlechterung und machen darauf aufmerksam. Es gibt einige Anzeichen, die Betroffene selbst wahrnehmen können.
- Freunde und Familie machen darauf aufmerksam, dass Radio und TV sehr laut eingestellt sind.
- Betroffene haben den Eindruck, dass Türklingel, Telefon, Wecker und andere Alarmsignale schwer zu hören sind.
- Vogelgezwitscher und andere hohe Töne sind nicht mehr klar und deutlich hörbar.
- In Gesprächen entsteht der Eindruck, dass das Gegenüber undeutlich spricht. Es klingt so, als würde der Gesprächspartner nuscheln oder sehr leise sprechen.
- In der Kommunikation mit anderen nehmen Personen mit beginnender Schwerhörigkeit bestimmte Laute nicht mehr richtig wahr. Buchstaben wie s, t, f, p, k oder ch und sch sind schwer oder gar nicht zu hören.
- Es fällt schwer, einem Gespräch konstant zu folgen, weil das Zuhören zu anstrengend ist.
Wer einige Anzeichen in dieser Auflistung findet, die auf ihn zutreffen, sollte einen Termin bei einem Akustiker oder einer Praxis für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde vereinbaren oder einen Hörtest in einem Fachgeschäft machen. Dort ist es nach einem ausführlichen Test sogleich möglich, sich über die verschiedenen Hörgeräte zu informieren, die der Markt bereithält.
Welche Hörgeräte gibt es?
Hörgeräte Hersteller bieten zahlreiche unterschiedliche Lösungen an. Die Hörsysteme sind analog oder digital. Bei analogen Geräten werden Geräusche aus der Umgebung aufgenommen und verstärkt. Nebengeräusche werden weder herausgefiltert noch reduziert. Digitale Hörgeräte wandeln die Geräusche in elektronische Informationen um. Dabei werden die relevanten Geräusche verstärkt, störende Nebengeräusche herausgefiltert.
Hersteller von hochwertigen Hörgeräten, wie zum Beispiel Geers, bieten beide Systeme an. Zudem besteht die Möglichkeit eines Online-Hörtests auf der Website des Herstellers, um eine mögliche Hörschwäche zu erkennen. Dieser ersetzt aber keinesfalls den Gang zum Hörakustiker. In einem persönlichen Beratungsgespräch, in dem die Hörminderung überprüft und die verbliebene Hörleistung festgestellt wird, lässt sich besprechen, ob ein Hörgerät sinnvoll ist und wenn ja, welches Hörsystem sich am besten eignet.
Schwerhörigkeit im Alltag: In diesen Situationen ist ein Hörgerät sinnvoll
Schwerhörigkeit beeinträchtigt den Alltag nicht nur, weil zuhause das TV oder Radio lauter gestellt und Gespräch mit Freunden und Familie zur Herausforderung werden. Es gibt weitere Situationen, in denen Schwerhörigkeit massive Nachteile mit sich bringt. In den folgenden Situationen sind Hörgeräte besonders sinnvoll.
Maskenpflicht: Wenn der Mund überdeckt ist, ist Lippenlesen unmöglich
Fakt ist, dass Masken die Barrieren erhöhen. Wenn das Gesichtsfeld des Gesprächspartners überdeckt ist, können gehörlose Menschen im Prinzip keinem Gespräch mehr folgen. Ob es sich um Fahrten mit Bus und Bahn handelt oder beim Einkauf in Geschäften – Lippenlesen ist mit einer Maske vor dem Mund ausgeschlossen. Eine relativ simple Lösung sind Masken mit einem transparenten Einsatz, der den Blick auf den Mund freigibt. Allerdings werden diese praktisch nicht verkauft – mit einigen Ausnahmen, die diese Auflistung zeigt. Zumindest Personen, die in systemrelevanten Berufen sitzen, sollten zum Abbau der Barrieren transparente Masken tragen, so fordert der Gehörlosenverband Hamburg e. V. Ärzte, Pfleger und Mitarbeiter in Behörden besetzen wichtige Schlüsselpositionen, die für jeden ungeachtet einer möglichen Behinderung zugänglich sein müssen.
Allerdings ist die Forderung nach transparenten Masken für die breite Bevölkerung bislang ungehört verhallt und bis sich die Forderung für systemrelevante Personen durchsetzt, mag noch viel Zeit vergehen – wenn es denn überhaupt umgesetzt wird. Betroffene können sich selbst helfen, indem sie sich mit einem Hörsystem versorgen. Über diesen Weg holen sie sich ein wichtiges Stück Selbstständigkeit zurück.
Psychotherapie: Wer schlecht hört, hat keinen Zugang
Die Zahl der behandlungsbedürftigen psychisch Erkrankten steigt stetig an. Unter ihnen befinden sich auch Gehörlose und Schwerhörige. Doch es gibt nach Aufzeichnungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung nur knapp drei Dutzend Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die die Gebärdensprache beherrschen. Eine psychische Behandlung von hörgeschädigten Patientinnen und Patienten ist nicht zuverlässig gewährleistet.
Zwar wurden die Psychotherapie-Richtlinien dahingehend modifiziert, dass betroffene Patientinnen und Patienten mehr Zeiteinheiten beanspruchen können und auch weitere Bezugspersonen mit in die Therapie eingebunden werden können, doch diese Anpassungen sind zu gering. Zwar wäre es wünschenswert, dass Psychotherapeutinnen und -therapeuten in ihrer Ausbildung auch die Gebärdensprache erlernen, um die bestehenden Barrieren abzubauen. Doch das ist eine langfristige Lösung, die die aktuelle Situation nicht verändert. Stattdessen können Schwerhörige Menschen mithilfe eines passenden Hörgerätes selbst dafür sorgen, dass sie eine Psychotherapie wahrnehmen und von ihr profitieren können.
Schwerhörigkeit im Alter begünstigt Demenz
Eine Studie aus Taiwan brachte ans Tageslicht, dass das Demenzrisiko für diejenigen größer ist, die im mittleren und fortgeschrittenen Alter mit einer Hörbehinderung konfrontiert werden. Unser Beitrag „Höheres Demenzrisiko durch Altersschwerhörigkeit“ geht näher darauf ein. Hörhilfen verbessern wirkungsvoll die kognitiven Fähigkeiten und senken das Demenzrisiko. Das hat auch die Deutsche Alzheimer Gesellschaft festgestellt. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass Menschen, die taub geboren werden oder in jungen Jahren ihr Gehör verlieren, nicht von diesem Problem betroffen sind. Es trifft jedoch die breite Masse derjenigen, die im fortschreitenden Alter den Hörverlust erleiden. Sie alle können selbst ihr persönliches Demenzrisiko mindern, wenn sie sorgfältig mit ihrer eigenen Gesundheit umgehen und sich so früh wie möglich um ein Hörgerät bemühen.
Fazit: Hörgeräte verbessern nicht nur das Hörvermögen.
Altersbedingte Schwerhörigkeit zu ignorieren ist keine Lösung, denn zu groß ist das Risiko unter den sekundären Begleiterscheinungen zu leiden. Sei es, dass die Barriere zu Ärzten und Therapeuten unüberwindbar wird oder sogar das Risiko an Demenz zu erkranken steigt. Es ist ein Zeichen von Selbstfürsorge, sich bereits frühzeitig mit der eigenen Hörfähigkeit zu befassen und aufmerksam zu verfolgen, ob eine Beeinträchtigung vorliegt. Wer regelmäßig Hörtests beim Hörakustiker durchführt, tut das Richtige, um dieser Selbstfürsorge gerecht zu werden.