Menschen mit Behinderungen müssen bei der Pandemiebekämpfung stärker berücksichtigt werden. Das fordert das Deutsche Institut für Menschenrechte in seinem am 28. Mai 2021 veröffentlichten Positionspapier „Covid-19: Auswirkungen auf die Rechte von Menschen mit Behinderungen – Warum ein konsequentes Disability Mainstreaming in der Pandemiebekämpfung nötig ist“.
„Um die Pandemiepolitik auf Bundes- und Länderebene inklusiver zu gestalten, müssen behindertenpolitische Verbände und Selbstvertretungsorganisationen von Menschen mit Behinderungen frühzeitig bei der Planung von Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung beteiligt werden“, fordert Britta Schlegel, Leiterin der Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention des Instituts. Ihre Expertise sollte auch bei der Aufarbeitung der Pandemiepolitik genutzt werden, um Krisen künftig besser zu meistern und Rechtsverletzungen zu verhindern.
Das Institut kritisiert, dass viele Menschen mit Behinderungen trotz ihres hohen Risikos für einen schweren Krankheitsverlauf noch nicht geimpft sind. Dies gilt für Bewohnerinnen und Bewohner in Einrichtungen der Behindertenhilfe wie für Menschen, die mit Unterstützung von Assistenzen in der eigenen Wohnung leben. Letztere können sich nur über ein zum Teil aufwendiges Feststellungsverfahren im Einzelfall priorisiert impfen lassen. „Auch nach Aufhebung der Impfpriorisierung ab dem 7. Juni 2021 muss sichergestellt werden, dass behinderte Menschen als sogenannte Risikogruppe weiterhin einen vorrangigen Zugang zu Impfungen haben“, so Schlegel weiter.
Menschenrechtlich bedenklich seien auch anhaltende freiheitseinschränkende Maßnahmen in Wohneinrichtungen der Behindertenhilfe, wie Besuchs- und Ausgangsverbote, die durch den Infektionsschutz begründet werden. Dadurch entfallen nicht nur wichtige persönliche Kontakte und Unterstützungsleistungen für die Bewohner, sondern auch externe Kontrollen der Qualität von Pflege und Betreuung durch die Heimaufsicht oder Besuchskommissionen.