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Bericht von der Bayerischen Anlauf- und Beratungsstelle der Stiftung Anerkennung und Hilfe

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Bericht von der Arbeit der Anlauf- und Beratungsstelle beim ZBFS – Bayerisches Landesjugendamt

Im Jahre 2017 errichteten die Länder, der Bund sowie die evangelische und katholische Kirche die Stiftung Anerkennung und Hilfe. Die Stiftung richtet sich an Menschen, die als Kinder oder Jugendliche früher in Einrichtungen der Behindertenhilfe und der Psychiatrie schlecht behandelt wurden. Dabei geht es um die Zeit vom 23.05.1949 bis zum 31.12.1975 in der Bundesrepublik Deutschland und vom 07.10.1949 bis zum 02.10.1990 in der DDR.

Das Hauptziel der Stiftung ist die Anerkennung des Leids und Unrechts, das die Betroffenen in ihrer Kindheit in Heimen und Internaten der Behindertenhilfe und Psychiatrie erfahren haben.

Dabei kann die Aufgabe in drei Bereiche unterteilt werden:

  1. Die individuelle Anerkennung durch persönliche Beratungsgespräche und finanzielle Leistungen
  2. Die öffentliche und gesellschaftliche Anerkennung 
  3. Die Anerkennung durch eine wissenschaftliche Aufarbeitung

Die Laufzeit der Stiftung wurde bei der Gründung zuerst auf fünf Jahre beschränkt (bis zum 31.12.2021). Die Betroffenen konnten sich vorerst bis zum 31.12.2020 bei den zuständigen Anlauf- und Beratungsstellen anmelden. Um die pandemiebedingten Einschränkungen auszugleichen, haben die Errichter der Stiftung die Anmeldefrist bis zum 30. Juni 2021 und die Bearbeitungszeit um ein weiteres Jahr bis Ende 2022 verlängert. Alle Anmeldungen, die bis Juni 2021 eingegangen sind, werden berücksichtigt und bearbeitet.

Fakten zur Stiftung Anerkennung und Hilfe

Die Arbeit der bayerischen Anlauf- und Beratungsstelle

Die bayerische Anlauf- und Beratungsstelle der Stiftung Anerkennung und Hilfe startete am 1. April 2017. Es gab zunächst nur wenige Anmeldungen. Ein Grund hierfür lag in der schwierigen Erreichbarkeit der Betroffenen, die oft weiterhin in einer Einrichtung der Behindertenhilfe leben. Diese waren bei der Anmeldung auf die Unterstützung ihrer Einrichtung angewiesen. 

Ab Januar 2018 zeigte die Öffentlichkeitsarbeit Wirkung und die Anmeldezahlen verdoppelten sich. Betroffene selbst, deren rechtliche Betreuer und Betreuerinnen oder Einrichtungspersonal meldeten sich mehr in der Anlauf- und Beratungsstelle. Die größte Gruppe bei der Anmeldung waren Menschen mit Hörbehinderung.

Eine weitere große Gruppe waren Personen, die aufgrund ihrer Behinderung bis heute noch in den Einrichtungen leben. Die Einrichtungen, die sich selbst mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen, wiesen auf die Arbeit der Stiftung hin und vermittelten so zwischen der Anlaufstelle und den Betroffenen. Es entstand zum Teil ein enger Kontakt und eine sehr kooperative Zusammenarbeit.

Die Beratungsgespräche

Aufgrund gestiegener Anmeldezahlen wurden 2019 und 2020 weitere besonders für die Beratung qualifizierte Berater und Beraterinnen eingestellt. Zahlreiche Rückmeldungen der Betroffenen nach den Anerkennungs- und Beratungsgesprächen zeigen, wie wichtig die Gespräche sind. In den Beratungsgesprächen berichten fast alle Personen von erlebter Gewalt.

Beispiele für häufige Gewalterfahrungen:

  • Physische und psychische Gewalt 
  • Sexuelle Übergriffe
  • Entwürdigende Strafpraktiken, wie z.B. Isolation 
  • Erzwungene Arbeit
  • Emotionale Vernachlässigung
  • Ruhigstellung mit Medikamenten
  • Essenszwang
  • Schlechte gesundheitliche Versorgung

Grundsätzlich sind die Schilderungen der Betroffenen und auch ihre Biografien sehr unterschiedlich. Bei manchen sprudelt es nur so heraus und es besteht ein sehr großes Bedürfnis das Geschehene endlich zu erzählen. Andere Betroffene sind sehr zurückhaltend, erzählten nur wenig und hören nach kurzer Zeit auch wieder auf zu erzählen. Die Beraterinnen und Berater hören immer wieder Sätze wie: „Ich denke es reicht was ich erzählt habe. Ich möchte jetzt auch gar nicht mehr erzählen.“ Manchmal wird den heute Erwachsenen bei den Erzählungen aber auch zum ersten Mal Glauben geschenkt. Es wird den Betroffenen versichert, dass sie nicht selbst die Verantwortung für das ihnen zugefügte Leid tragen. Dies wirkt auf zahlreiche Betroffene entlastend und befreiend.

Die Folgen für das Leben der betroffenen Personen sind sehr individuell und oft prägend. Sie berichten von Ängsten oder davon, dass Sie sich schnell unterordnen. Auch Misstrauen oder psychosomatische Beschwerden und Benachteiligung durch zu wenig Bildung werden als Folgen der Unterbringung genannt.

Betroffene die heute noch in Einrichtungen leben, befinden sich im Gespräch oft in einem Loyalitätskonflikt. Die Bewohnerinnen und Bewohner sind bis heute noch in Abhängigkeit der Einrichtung und berichten, dass die Umstände in der Einrichtung immer gut waren. Nur sehr zögerlich erzählen sie von der Vergangenheit und trauen sich kaum etwas Negatives zu sagen. Behutsame Nachfragen zeigen oftmals, dass sie jedoch auch schreckliche Erfahrungen gemacht haben.

Wissenschaftliche Aufarbeitung und öffentliche Anerkennung in Deutschland

Im Oktober 2021 wurde der Forschungsbericht der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Öffentlichkeit präsentiert und diskutiert. Die Ergebnisse zeigen eindringlich, dass in den Einrichtungen sehr schlechte Verhältnisse herrschten. Es konnte gezeigt werden, dass die Betroffenen heute noch an den Folgen leiden. Die Gründe für die Missstände finden sich zum Beispiel bei den damals handelnden Akteuren in den Institutionen, aber auch in den strukturellen Mängeln der Einrichtungen. Die Forschungsarbeit und das Video zur Veranstaltung findet man auf der Website der Stiftung Anerkennung und Hilfe.

Vielen Betroffenen ist die gesellschaftliche Aufarbeitung sehr wichtig. 

Das gute Ende der bayerischen Anlaufstelle

Bis zum Ende des Jahres 2022 liegt der Schwerpunkt in der Bearbeitung aller Anmeldungen. Das bedeutet, dass die acht Berater und Beraterinnen der bayerischen Anlauf- und Beratungsstelle alle Anmeldungen im Laufe des Jahres prüfen und noch viele Gespräche mit Betroffenen führen werden. 

Auch werden aktuell Möglichkeiten besprochen, wie das Ende der Laufzeit der bayerischen Anlauf- und Beratungsstelle und eine landesweite Erinnerungskultur gestaltet werden kann.

Es hat sich eine Arbeitsgruppe gebildet, die in Kooperation mit dem Bayerischen Sozialministerium und der bayerischen Anlaufstelle für ehemalige Heimkinder, verschiedene Ideen umsetzten möchte. Die Herausforderung dabei ist, dass die Laufzeit der Stiftung zwar endet, die Betroffenen aber weiterhin mit den Leid und Unrechtserfahrungen aus ihrer Kindheit und Jugend leben müssen. Für die Betroffenen gibt es keinen Abschluss dieses Themas, sie leben weiter mit den Folgen und Erinnerungen.

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