Die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, hat am 25. April 2023 die neue Studie der Bertelsmann Stiftung zu „Diskriminierung in der Einwanderungsgesellschaft“ mitvorgestellt. „Die Ergebnisse sind eindeutig: Die Haltung zum Thema Antidiskriminierung hat sich in Deutschland seit Einführung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes fundamental geändert. Das Thema ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Wir sehen eine Zeitenwende für Antidiskriminierungspolitik in Deutschland“, sagt Ataman: „Die Gesellschaft erwartet einen funktionierenden Diskriminierungsschutz – und das milieuübergreifend.“
Noch habe Deutschland „eines der schwächsten Antidiskriminierungsgesetze in Europa“. Laut Koalitionsvertrag soll das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz reformiert werden. Bislang hat die Bundesregierung dazu aber noch nichts vorgelegt. Ataman rief Bundesjustizminister Buschmann auf, die im Koalitionsvertrag versprochene AGG-Reform nun rasch umzusetzen. „Dieser Schritt ist längst überfällig, das zeigt diese Umfrage. Herr Buschmann darf jetzt keine weitere Zeit verlieren.“ Die Daten zeigten, es gebe keine gesellschaftliche Spaltung oder Polarisierung bei diesem Thema, „auch, wenn uns das manche weismachen wollen“, so Ataman. „Wer nach dieser Studie noch leugnet, dass das Thema drängt, hat die gesellschaftliche Entwicklung verschlafen.“
Ataman kündigte zudem eine bundesweite Informationskampagne für den Herbst an, um den Schutz vor Diskriminierung bekannter zu machen.
In der aktuellen Studie „Diskriminierung in der Einwanderungsgesellschaft“ der Bertelsmann-Stiftung geben 77 Prozent der deutschsprachigen Bevölkerung an, sich für das Thema Gleichbehandlung zu interessieren. In einer vergleichbaren Studie von 2008 waren es 63 Prozent. Der Aussage, dass Antidiskriminierungspolitik langfristig dazu führe, dass es allen in der Gesellschaft besser geht, stimmen heute 66 Prozent der Befragten zu – gegenüber 59 Prozent 2008. Acht von zehn gesellschaftlichen Milieus teilen mehrheitlich diese Ansicht.
Der Anteil der Befragten, die von eigenen Diskriminierungserfahrungen berichten, ist gestiegen. Heute geben 13 Prozent der Befragten an, dass sie sich in den vergangenen zwölf Monaten wegen ihrer ethnischen Herkunft (zum Beispiel: Sprache, Name, Kultur), aus rassistischen oder antisemitischen Gründen oder wegen ihrer Herkunft aus einem anderen Land sehr oft oder manchmal diskriminiert gefühlt haben. 2008 berichteten sechs Prozent von Diskriminierung wegen ihres „fremdländischen Aussehens“ und sieben Prozent fühlten sich als „Ausländer:in“ diskriminiert.
Die Autor*innen Ulrike Wieland und Ulrich Kober von der Bertelsmann Stiftung untersuchten für die Studie auf Grundlage einer repräsentativen Umfrage und Milieuanalyse des Sinus-Instituts, wie sich Wahrnehmungen von Diskriminierung und Einstellungen zu Antidiskriminierungspolitik in der Bevölkerung zwischen 2008 und 2022 verändert haben.