In Italien wurde am Mittwoch, 28. Juni 2023 offiziell die Anerkennung der Gebärdensprache und des Fingeralphabets für sprachliche Minderheiten beschlossen. Das Parlament hat das Gesetzesdekret von Ministerin Alessandra Locatelli für Menschen mit Behinderungen in ein Gesetz umgewandelt. Dieses Gesetz sieht vor, dass die Gebärdensprache in den öffentlichen Einrichtungen der Regionen und Provinzen, in denen sprachliche Minderheiten leben, anerkannt, gefördert und geschützt wird. Ministerin Locatelli betrachtet diese Anerkennung als einen bedeutsamen Schritt in Richtung Inklusion, der das Ziel hat, allen Bürgern mehr Unabhängigkeit, Autonomie und ein würdevolles Leben zu ermöglichen.
Südtirol ist eine autonome Provinz in Norditalien, die sich in den östlichen Alpen befindet. Südtirol hat eine reiche Geschichte und war historisch gesehen Teil des österreichischen Kronlandes Tirol. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde es Italien zugesprochen. Eine besondere sprachliche Besonderheit in Südtirol ist die Vielfalt der gesprochenen Sprachen. Die Region ist offiziell zweisprachig, mit Deutsch und Italienisch als gleichberechtigte Amtssprachen. In vielen Teilen Südtirols ist Deutsch die vorherrschende Sprache, während Italienisch vor allem in den größeren Städten gesprochen wird. Die tauben Menschen in Südtirol kommunizieren aufgrund der regionalen Nähe zu Österreich und der gemeinsamen Schriftsprache Deutsch auch in der Österreichischen Gebärdensprache.
Landeshauptmann Arno Kompatscher bewertet die Entscheidung aus Rom als ein erfreuliches Signal für den Schutz von Minderheiten und die Förderung der Inklusion. Es ist ein Zeichen für Menschen mit körperlichen Einschränkungen, die oft Schwierigkeiten haben, am gesellschaftlichen Leben und an Informationen aus der öffentlichen Verwaltung teilzuhaben. Gleichzeitig ist es auch ein Signal für sprachliche Minderheiten. Kompatscher hat bereits in der Vergangenheit in Rom auf eine Anerkennung der Gebärdensprache wie Österreichische Gebärdensprache (ÖGS) für sprachliche Minderheiten gedrängt und dankt Ministerin Locatelli dafür, dass dieser Schutz nun gesetzlich verankert ist. Dadurch wird auch der Weg für die Anerkennung der Ausbildung von Übersetzenden für die Österreichische Gebärdensprache (ÖGS) geebnet. Darüber hinaus erfüllt Italien mit dieser Entscheidung auch die Anforderungen des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, das allen Bürgern den freien Zugang zu Information, Kommunikation sowie die Teilnahme am gesellschaftlichen, öffentlichen und politischen Leben garantiert.
Der Landeshauptmann erinnert daran, dass das Land Südtirol seit Beginn der Covid-Pandemie wichtige Pressekonferenzen sowohl in ÖGS als auch in Italienischer Gebärdensprache (LIS) überträgt. Er hofft, dass die staatliche Anerkennung nun weitere öffentliche und private Einrichtungen dazu ermutigt, den Weg der Inklusion konsequent weiterzugehen.