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Internationale Gehörlosen-Filmpreise in Deutschland verliehen

Kultur
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Am Wochenende vom 10. und 11. November fand in Potsdam das erste internationale Filmfestival für gehörlose Filmleute statt. Die Preisverleihung der “Della Awards” fand am Samstag statt, bei der die begehrten Trophäen verliehen wurden.

Der Della Award 2023 brachte Gehörlose aus Schauspiel, Produktion, Regie und andere Fachleute aus der Film-, Kino- und visuellen Medienwelt zusammen. Das Festival und die Auszeichnungen sollen auf Leistungen in diesem Bereich aufmerksam machen, die oft übersehen werden, um sie auf internationaler Ebene angemessen anzuerkennen.

Über das vergangene Wochenende wurden 80 Filme gezeigt, in denen taube Menschen eine bedeutende Rolle vor oder hinter der Kamera haben. Die besten davon erhielten am Samstag Auszeichnungen.

Der Preis für die beste Schauspielerin ging an Anne Zander, die in ihrer Rolle der gehörlosen Mutter im Fernseh-Drama “Du sollst hören” eine Glanzleistung hinlegte. In dem Film geht es um den sogenannten “CI-Zwang”, der 2017 für Aufregung und später auch für ein Gerichtsurteil sorgte. Der Film wurde auf dem Festival auch gezeigt. Neben vielen Fernsehproduktionen war sie auch im Theater vor und hinter der Bühne aktiv und engagiert sich stark für mehr taube Menschen im Filmbusiness.

Die niederländische Dokumentation „Imaginings“ gewann den Preis für die beste Dokumentation. In dem Film erzählen die Dichter von Kitchen’s Light Sam Onclin, Marie van Driessche, Boaz Blume, Tobias de Ronde, Bart Koolen und Brendan Lodder ihre Geschichten auf poetische Weise in der niederländischen Gebärdensprache, auch bekannt als: gesprochenes Wort. Sie nehmen den Zuschauer mit auf eine tiefgreifende Reise in ihre Erfahrungen und Gedanken.

In einem Interview sagte der Festivaldirektor Uwe Schönfeld, dass insgesamt 2.643 Einreichungen eingegangen seien. Das würde zwar nach viel klingen, aber etwa 2.500 seien einfach nur untertitelt gewesen. Das entspräche nicht der Barrierefreiheit und Anerkennung, die die Festivalorganisation im Auge hatte.

Während des Festivals wurden Filme wie der amerikanische Spielfilm „No Ordinary Hero“ über „Super Deafy“ gezeigt, einen tauben Superhelden. Es ist der erste kommerzielle Film, produziert von einem gehörlosen Executive Producer,John Maucere, und inszeniert von einem gehörlosen Regisseur,Troy Kotsur.

Es gab auch Dokumentationen über Missbrauch an Gehörlosenschulen oder eine gehörlose muslimische Frau, die während der Pandemie schwanger wird und  im Gesundheitswesen an ihre Grenzen stößt.

Der 43-jährige gehörlose Schauspieler Benjamin Piwko freut sich, dass er Ideen mit anderen internationalen Gehörlosen in der Filmbranche teilen kann. Er sieht auch die Möglichkeit, Hörenden zu zeigen, dass gehörlose Menschen ganz normale Menschen sind, die normale Dinge tun.

Mittlerweile wird immer klarer, was die gehörlose Gemeinschaft im Bereich Film benötigt.

Uwe Schönfeld, selbst Kind gehörloser Eltern und verheiratet mit Christina Schönfeld, die taub ist, sagte, dass es in den letzten Monaten immer mehr Zusammenarbeiten mit verschiedenen Produktions- und Castingfirmen gegeben habe. Es wird immer deutlicher, was gehörlose Menschen benötigen und wie sie in ihrer Arbeit im Bereich Film unterstützt werden sollten. Er wiederholt, dass es ein No-Go sei, dass Hörende Gebärdensprache lernen und dann als Gehörlose im Fernsehen aufträten.

Für gehörlose Menschen am Filmset hat sich die Position des ‘Deaf Supervisors‘ etabliert. Eine Art Vermittler am Set, damit die Kommunikation funktioniert und sich jeder bei der Arbeit verstanden und wohl fühlt. Der gehörlose Supervisor sorgt auch dafür, dass es keine falschen Regieanweisungen im Drehbuch gibt, wie zum Beispiel: ‚Es klopft laut. Vater und (hörender) Sohn drehen sich gleichzeitig zur Tür und sehen erschrocken aus.‘

Oscar-Gewinner Troy Kotsur (”Coda”) und Lauren Ridloff kamen extra aus den USA nach Potsdam. Kotsur zeigte seine eigene Produktion, eine Dokumentation über seinen Vater, auf dem Filmfestival. Ridloff spielte in der Serie ‚The Walking Dead‘ und ist die Superheldin Makkari im Marvel-Film ‚Eternals‘.

Ridloff bestätigt die existierende Angst vor der Arbeit mit gehörlosen Menschen. ‚So viele Menschen werden in Hollywood herabgesetzt und übersehen. Sie werden nicht besetzt, weil die Leute Angst haben. Aber es gibt Platz für alle am Tisch, kommt zu uns. Ich hoffe, dass meine Präsenz in Hollywood das zeigt, auch, dass ich hier bin. Wenn ich hier sein kann, können auch andere hier sein.'“

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