Die Nachrichtenagentur AFP berichtet von einem weiteren Erfolg in der Gentherapieforschung: Das Kinderkrankenhaus in Philadelphia im Bundesstaat Pennsylvania hat in einem experimentellen Verfahren das Gehör eines 11-jährigen Jungen teilweise wiederhergestellt. Wie zuvor bereits im Oktober 2023 in Shanghai in China wurde dabei mittels eines Virus ein Gen eingeschleust. Dieses Gen ist dafür ausschlaggebend, dass Geräusche von den Haarzellen weitergegeben werden. In Shanghai konnten vier der fünf Kinder durch die Versuche wieder etwas hören.
„Die Gentherapie für Hörverlust ist etwas, auf das wir Ärzte und Wissenschaftler in der Welt der Hörverluste seit über 20 Jahren hingearbeitet haben, und jetzt ist sie endlich da“, sagte der Chirurg John Germiller, Direktor der klinischen Forschung der HNO-Abteilung des Kinderkrankenhauses in Philadelphia gegenüber der AFP.
Eine “Heilung” für etwa 1-8% aller Taub Geborenen
Bei Patienten wie Aissam Dam in Philadelphia verhindert ein defektes Gen die Produktion von Otoferlin, einem Protein, das die „Haarzellen“ des Innenohrs benötigen, um Schallschwingungen in chemische Signale umzuwandeln, die an das Gehirn gesendet werden. Otoferlin-Gendefekte sind sehr selten und machen 1 bis 8 Prozent der von Geburt an bestehenden Hörverluste aus.
Dem Bericht zufolge soll er in der Lage sein, vorbeifahrende Autos wieder hören zu können und wie ihm die Haare geschnitten würden. Das Krankenhaus spricht von einem Meilenstein. Auch wenn nur wenige der von Geburt an gehörlosen Kinder mit dieser Methode behandelt werden können, sind die Forschenden zuversichtlich, dass auch gut 150 andere Gene, die Gehörlosigkeit verursachen können, damit behandelt werden können.
Virus bringt das Hör-Gen
Am 4. Oktober 2023 wurde bei einem chirurgischen Eingriff Dams Trommelfell teilweise angehoben und anschließend ein harmloses Virus, das so modifiziert worden war, dass es funktionierende Kopien des Otoferlin-Gens transportierte, in die innere Flüssigkeit seiner Hörschnecke injiziert. Daraufhin begannen die Haarzellen, das fehlende Protein herzustellen und wieder zu funktionieren.
Fast vier Monate nach der Behandlung auf einem Ohr hat sich Aissams Hörvermögen so weit verbessert, dass er nur noch einen leichten bis mittelschweren Hörverlust hat und „zum ersten Mal in seinem Leben buchstäblich Töne hört“, heißt es in der Erklärung.
Die New York Times berichtete, dass Aissam, der in Marokko geboren wurde und später nach Spanien zog, trotz seines Hörvermögens möglicherweise nie Lautsprache lernen wird, da sich das Fenster des Gehirns für den Spracherwerb im Alter von fünf Jahren schließe. Die US-amerikanische Behörde für Lebensmittel- und Arzneimittelsicherheit, die die Studie genehmigt hat, wollte die Forschung aus Sicherheitsgründen zunächst an älteren Kindern durchführen.
Forschung spricht von einer “Heilung” der Kinder
Die von Akouos, Inc., einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft von Eli Lilly and Company, gesponserte Studie ist eine von mehreren, die in den Vereinigten Staaten, Europa und China laufen oder demnächst beginnen werden, wo bereits eine Handvoll anderer Kinder “geheilt” worden sein soll.
„Je mehr Patienten unterschiedlichen Alters mit dieser Gentherapie behandelt werden, desto mehr werden die Forscher über das Ausmaß der Hörverbesserung erfahren und darüber, ob dieses Niveau des Hörvermögens über viele Jahre hinweg aufrechterhalten werden kann“, so Germiller.
Erste Erfolge bereits letztes Jahr in China
In Shanghai konnt…